cinema francais: Lé Herisson - Die Eleganz der Madame Michel
Dienstag, 7.9. im Kino Breitwand Seefeld mit Einführung v. Francine Martins
Feinfühlig und atmosphärisch dicht – französisches Kino eben!
Dieser eine Satz vermag, dass Madame Michel (Josiane Balasko) dem neuen Eigentümer der Pariser Luxuswohnung einen zweiten Blick schenkt. Die Concierge sagt so dahin: „Alle glücklichen Familien gleichen einander.“ Ouzo (Togo Igawa), der Japaner in Paris, antwortet mit gleichmütiger Freundlichkeit: „Jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Art unglücklich.“ Die Worte stammen aus Tolstois „Anna Karenina“. Die Dienstfrau in den 50ern kennt sie, weil die Bücher ihre wahre Welt sind, ihr Schutzraum vor dem Alltag. Über dieses Wiedererkennen unter Fremden kommen sie sich näher. Und finden eine Dritte im Bunde: das Mädchen Paloma (Garance Le Guillermic), das seinen Selbstmord zum 12. Geburtstag in 165 Tagen vorbereitet. Auch sie gewinnt durch den Kontakt mit Ouzo (und Madame Michel) einen anderen Blick auf die Dinge. Einsam ist sie, denn ihre Eltern haben sie in einen goldenen Käfig, in ein Goldfischglas verbannt. Freundlich, aber seelenlos.
Muriel Barberry schrieb den Bestseller „Die Eleganz des Igels“, den Mona Achache zu einem Kinoerfolg in Frankreich machte. DIE ELEGANZ DER MADAME MICHEL sieht die Concierge als Igel und so malt sie auch Paloma in ihr Skizzenheft. Gemeinsam sind sie weniger allein. Mona Achache gestaltet das Haus zum Lebensraum. Die erdigen Farben, das gedämpfte Licht, die wie zufälligen Begegnungen im Treppenhaus – alles ist sehr exakt komponiert. Dieser Sicht stellt sie Palomas ungeschminkten Kamerablick entgegen, die für ihre Eltern ein erklärendes Abschiedsvideo dreht. So präsentiert sich der Film selbst als Wohlfühlkino, dem nicht alle Stacheln zurückgekämmt wurden.