Cine-Lettres Thomas Darchinger liest aus \"The Dead\"

Neue Filmreihe im Kino Breitwand

Ab Ende Januar 2011 wollen wir Film und Literatur miteinander verbinden.
Den Anfang macht eine Lesung von Thomas Darchinger aus dem Roman \"Die Toten\" von James Joyce, mit anschl. Vorführung der sensiblen und bewegenden Verfilmung von john Huston aus dem Jahre 1987.

Sonntag, 30.1.2011, 11 Uhr Kino Breitwand Starnberg,
Mittwoch, 2.2.2011, 19.30 Uhr Kino Breitwand Schloss Seefeld

DIE TOTEN von James Joyce

Inhalt

Diese letzte und umfangreichste Erzählung (50 Druckseiten), bildet den Schwerpunkt der Sammlung \"The Dubliners\". Die Erzählung gilt als „eine Achse in Joyce Werk“ (Ellmann) und wurde schon 1906/07 im Alter von 24/25 geschrieben. Thema ist der alljährliche Ball der drei Jungfern Morkan: Das Eintreffen bestimmter Gäste, die Tänze, die Musik, das Essen, die Gespräche und vor allem die Gedanken von Gabriel Conroy, dem jungen Protagonisten.

In einem Dutzend detailliert beschriebener überraschender Stimmungsumschwünge erfahren die Figuren, wie dünn der freundschaftliche Firnis ihrer unausgeloteten Beziehungen ist. Immer wieder entwickeln sich in den freundlich beginnenden Gesprächen gegenseitige Spitzen und Verletzungen, die unter der Oberfläche der Ausgelassenheit des Festes das brüchige Eis der Beziehungen offenbaren – die Figuren leben in einer anhaltenden Verunsicherung über die Wertschätzung ihrer Person im Auge der anderen und im Zweifel über die Aufrichtigkeit von Gunstbezeugungen.

Erst am Ende der an vielen Konversationsklippen gescheiterten Verständigung gibt es eine dreifache Versöhnung: Das allgemeine Lachen beim Aufbruch der Gäste, die Reue des Sängers nach seiner plötzlichen Schroffheit und – die Kernstelle – die Vergebung, in der Gabriel seiner Frau die Romanze mit einem früh verstorbenen Verehrer verzeiht und versöhnt beschließt, doch mit ihr an ihre familiären Ursprünge in den Westen der Insel zu reisen.

Die Toten ist die einzige Erzählung, die nicht an Einzelnen eine irische Schwäche ironisch vorführt, sondern an einer ganzen Gruppe ein Allgemeinmenschliches. Sie wird oft autobiografisch interpretiert als Verarbeitung persönlicher Erinnerungen, vor allem von Joyce\' Eifersucht auf einen Jugendfreund seiner Frau, der früh an Tuberkulose starb. Aber deutlich wird auch die Befürchtung, „dass die tote Stadt ungebührlich auf die lebende“ (Ellmann) übergreifen könnte bzw. der wildere Westen der irischen Insel auf den kultivierteren Osten.

Joyce’ Analyse der Gespräche auf dem Fest zeigt dagegen immer wieder, dass auch die dort versammelte irische Gesellschaft voller Reibungen, voller Konflikte und voller Leben ist, die die von ihm so gehasste „Paralyse“ von innen aufbrechen könnten. Bei aller Distanz gegenüber der irischen Lähmung lässt Joyce seine Hauptfigur Gabriel versöhnt einschlafen und die Dubliner mit der vagen Möglichkeit einer gemeinsamen Zukunft enden:

„Langsam schwand seine Seele, während er den Schnee still durch das All fallen hörte, und still fiel er, der Herabkunft ihrer letzten Stunde gleich, auf alle Lebenden und Toten.“