Luciano ist Fischhändler in Neapel und wohnt mit seiner wirklich sehr großen und sehr italienischen Familie in einem so perfekt heruntergekommenen Haus, dass es direkt aus einem Fellini-Film zu stammen scheint. Man lacht, man streitet und küsst sich. Luciano ist so etwas wie das Epizentrum dieser kleinen Welt. Er steht auf der Rampe seines Fischladens und obwohl er Muscheln und Meerestiere verkauft, hat man den Eindruck, hier gibt ein geborener Bühnendarsteller seine beste Vorstellung. Die Kinder lieben ihn dafür, seine Frau auch und die Mamma sowieso. Ein Märchen eben.
Dies ist Lucianos Wirklichkeit, bis er aus reiner Nettigkeit gegenüber seinen Kindern an einem Casting zu Grande Fratello teilnimmt, Italiens Version von Big Brother . Der sympathische Familienunterhalter wird zu einem zweiten Casting nach Rom eingeladen und träumt plötzlich vom ganz großen Auftritt und vom ganz großen Geld. In einer Szene liegt er nachts zu Hause auf dem Sofa und lauscht den Geräuschen, die mehrere Menschen auf so engem Raum nun mal von sich geben: Man hört Bettlaken rascheln, Atmen, Kichern, Küsse. Doch sind es nicht die lieben Verwandten, die er mit zärtlichem Lächeln belauscht, sondern die Bewohner der aktuellen Grande-Fratello -Staffel. Stunden verbringt Luciano jetzt vor dem Fernseher. Der Container wird zu seiner Version vom Paradies, in das er Einlass ersehnt.
Nach und nach steigert er sich in den Wahn hinein, dass ihn der Sender tatsächlich in den Container berufen wird, vor der finalen Zusage aber noch ein wenig beobachtet. In jedem Fremden sieht er fortan einen Abgesandten von Grande Fratello . Er verschenkt sein Hab und Gut an Arme, um Eindruck zu schinden, und verkauft seinen Laden, um die Wohnung zu renovieren ? für die Homestorys, die er demnächst geben wird. Das Ganze gipfelt darin, dass er eine Grille anschaut, aber eine Kamera sieht. Luciano wird zum Gefangenen seines Irrglaubens.